Vogtländischer Altertumsforschender Verein zu Hohenleuben

Preisträger des Friedrich-Christian-Lesser-Preises 2010

Innerhalb der siebten Stadtratssitzung der Stadt Hohenleuben im Jahr 2011 wurde am 19. Dezember dem Vogtländischen Altertumsforschenden Verein zu Hohenleuben (VAVH) feierlich der Friedrich-Christian-Lesser- Preis überreicht. Der VAVH ist der älteste Geschichtsverein Thüringens. Außerdem besitzt er gleichzeitig mit dem überwiegend von ihm betreuten Museum auf Burg Reichenfels eine der ältesten Einrichtungen dieser Art in Deutschland.

Aus Anlass der Preisverleihung wurden im öffentlichen Teil der Sitzung Herr Prof. Dr. Werner Greiling (Vorsitzender der Historischen Kommission für Thüringen), Herr Falk Burkhardt (Geschäftsführer der Kommission), Herr Udo Hagner (Vorsitzender des VAVH) sowie Mitglieder des Vereins und interessierte Bürger aus Hohenleuben und Umgebung begrüßt.

Prof. Greiling stellte den VAVH kurz vor und sprach u.a. auch anerkennend davon, dass der Verein 2010 Gastgeber des 17. Tages der thüringischen Landesgeschichte war. Er blickte auf die wechselvolle Geschichte der Regionalforschung zurück. So erwähnte er die „Geschichtswerkstätten“, welche in den 60er und 70er Jahren im westlichen Teil Deutschlands unter dem Eindruck des Spruches „Grabe wo Du stehst“ entstanden. Besonders hob er deren Nähe zu „normalen“ Menschen wie einfachen Arbeitern oder Handwerkern hervor. Die Zeit dieses heimatgeschichtlichen Auf- und Umbruchs sei in etwa mit der Nachwendeperiode im Osten vergleichbar. Im Gegensatz zur DDR fanden in der Bundesrepublik Deutschland in den 60er und 70er Jahren regelrechte „Kämpfe“ zwischen traditionellen Geschichtsvereinen und den Geschichtswerkstätten statt. In der DDR war die offizielle Arbeit von Geschichtsvereinen in den 50er Jahren vielfach eingestellt worden; ähnliche Aktivitäten fanden dann nur noch im Rahmen des „Kulturbunds“ statt. Die Geschichtsschreibung unterlag zunehmend ideologischen Gesichtspunkten. Im Wendejahr 1989 erschien die Landesgeschichte von Sachsen. Eine entsprechende Publikation über Thüringen, zu der in Jena umfangreichere Vorarbeiten geleistet worden waren, kam leider nicht zum Druck.

In der DDR fand die Reanimation der Landesgeschichte relativ spät statt. Eine positive Ausnahme in dieser Richtung bildet der VAVH. Nicht nur, dass sich hier auf engem Raum Sammlungen und Archiv in Kombination mit Museumsarbeit bündelten – hervorzuheben ist auch die kontinuierliche Publikationstätigkeit des Vereins , welche 1829 begann und nach dem zweiten Weltkrieg in den bis heute bestehenden Hohenleubener Jahrbüchern ihre Fortsetzung fand. Diese Publikationen stellen eines der wichtigsten regional historischen Periodika dar, wie Prof. Greiling betonte.

Auch durch Unterstützung der lokalen Politik für den Verein werden vielfältige Synergieeffekte hervorgerufen, welche integriert in ein breites Netz bürgerschaftlichen Engagements in der Region wirken. Aktives und kreatives Wirken zeichnen Mitglieder und Unterstützer aus. Hervorgehobern wurde unter anderem die jahrzehntelange Wirksamkeit der früheren Museumsleiterin Sigrun Voigt, die auch im Ruhestand ihre Kraft unter anderem für die Publikation des Jahrbuchs zur Verfügung stellt, und von Friedrich Wilhelm Trebge, dem Vereins- und Ortschronisten.

Als Zukunftsvision stellte Herr Prof. Dr. Greiling die Zusammenarbeit zwischen Akademikern mit engagierten „Hobbyforschern“ dar. Voraussetzung dafür ist die Besetzung der regionalen Archive mit gut ausgebildeten und engagierten Personen. Das mangelnde Interesse einer Vielzahl heutiger Geschichtslehrer an eigenen Forschungen sei bedauerlich. Als eine ihrer Aufgaben sehe die Historische Kommission für Thüringen die Vernetzung örtlicher Geschichtsvereine an.

Anschließend machte Herr Prof. Dr. Greiling kurze Ausführungen zum Friedrich-Christian-Lesser-Preis. Dieser wurde im Jahr 2008 auf Initiative von Herrn Andreas Lesser, Stiftungsrat der gleichnamigen Stiftung, ins Leben gerufen. Damit sollen jährlich ein Verein oder eine Initiative ausgezeichnet werden, welche auf kontinuierliche Beschäftigung mit der Heimat- und Lokalgeschichte verweisen kann.

Danach erfolgte die feierliche Preisübergabe durch Herrn Prof. Dr. Werner Greiling und Herrn Falk Burkhardt an den Vereinsvorsitzenden Udo Hagner.

Der Bürgermeister gratulierte dem VAVH und bedankte sich bei der Historischen Kommission für Thüringen, dass sie damit die außerordentlichen Aktivitäten des VAVH würdigte. Udo Hagner dankte im Anschluss als Vorsitzender und im Namen des Vorstandes für die Anerkennung. In den zwei Jahrzehnten seit Wiederauf- nahme der Tätigkeit des VAVH sei durch kontinuierliche Vorstandarbeit, die ohne die bereitwillige, zumeist ebenso ehrenamtliche Unterstützung der Mitglieder und Freunde nicht möglich gewesen sei, eine gewisse Routine entstanden, die natürlich manches erleichtere. Aber er verwies auch darauf, dass Routine zwar einesteils Beständigkeit bedeuten kann, aber andererseits auch den Verlust von Kreativität. Eine Vereinsarbeit ist kein Selbstläufer, sie muss aktiv mitgestaltet werden. Er blicke positiv in die Zukunft des Vereins, dessen Arbeit nach dem derzeitigen Umbruch auch im kulturellen Bereich trotz allem weitergeführt wird, und bedankte sich beim Stadtrat und beim Bürgermeister für Unterstützung und Verständnis. Natürlich, so stellte er am Ende seiner kurzen Ansprache fest, werden auch zukünftig Probleme nicht ausbleiben, aber auch diese werden eine Lösung finden.

Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung durch Lea und Lisa Büttner, die auf ihren Blockflöten ein kleines Lied zu Gehör brachten.

Bürgermeister Bergner nahm die Gelegenheit wahr, auch die Arbeit anderer ortsansässiger Vereine und verdienstvoller Mitglieder zu würdigen. Damit war der feierliche Teil der sicher außergewöhnlichsten Stadtratssitzung des Jahres 2011 beendet. Nach der allgemeinen Fragestunde des Stadtrates und dem Bericht des Bürgermeisters sowie der Beschlussfassung konnte man bei einem gemütlichen Glas Glühwein den Abend ausklingen lassen und dabei neue Kontakte knüpfen.

Sybille Sturm / Dr. Frank Reinhold